Hast eh deine Kamera mit?

Nikons und Limonaden ©Claudia Spieß

Juhu, es wird gefeiert!

„Hi, Claudschi, ich feier meinen 45er, würd mich freuen, wenn du auch kommst.“

… oder: „Wir würden dich gern zu unserer Hochzeit einladen, kannst gerne auch wen mitnehmen.“ 

… oder: „Hast Lust, wir feiern den Geburtstag von meinem Schatz. Bist herzlich eingeladen, gibt Buffet und alles.“

Juhu, ja klar, bin dabei. 🙂 – „Super! …“

"Hast eh deine Kamera mit, gö?"

Und dann geht’s schon weiter. „Du fotografierst ja eh so gern“ oder „Hast deine Kamera sicher eh immer dabei, hm? Dann kannst ja ein paar Fotos machen. Wie g’sagt – beim Buffet kannst dich voll bedienen, is überhaupt keine Frage.“ 

ECHT JETZT? *oooommmmm*

Halten wir mal fest: Ja, natürlich fotografier ich gern (nona!). Ja, ich hab meine Kamera oft dabei. Ja, ich freu mich über Einladungen. Aber dann sollt es wirklich um mich gehen. Die Claudschi. Die Spieß. Und nicht die Claudia, weil die dann Fotos machen kann.

Vielleicht meinen’s die ja gar nicht bös und glauben wirklich, sie machen mir damit sogar eine Freude. Ich möcht hier niemandem was unterstellen. Drum nochmal: Ja, ich fotografier gern. Aber ich hätt noch nicht mitbekommen, dass Installateure ihre Rohrzange oder Pädagogen Tafel und Kreide zu diversen Feiern mitnehmen sollen: „Kannst a bissl rumzangeln“ oder „Erklärst uns bei der Gelegenheit die Wahrscheinlichkeitsrechnung“. Fotografen sind da wohl eher gefragt. Und das in einer Zeit, wo jeder mit seinem Handy bei jeder Gelegenheit x Fotos und Videos macht. 

„Sorry, aber leider werde ich da keine Zeit haben.“ – „Ich hab dir ja noch gar nicht gesagt, WANN es ist“ – „Ja, eben, da ist es ganz schlecht bei mir.“

Ja, ich freu mich über Einladungen. Dann möchte ich da aber wirklich Gast sein. Wenn man mich als Fotografin buchen möchte, kann man das natürlich gerne tun. Das wird und kann aber nicht gratis sein, und auch „volles Zulangen am Buffet“ reicht da nicht. Wenn ich auf einer Feier fotografier (was ich als ABLICHTEREI nicht mal anbiet), dann bin ich da kein Gast. Dann arbeite ich. Nochmals: Ich fotografier gern, und genau deshalb nehm ich die Sache auch ernst, und genau das macht wiederum den Unterschied. 

Gast vs. Fotografin

Bin ich als Fotografin auf einer Feier, fotografier ich alles…. – Die Deko, das Buffet (bevor ich oder andere zugelangt haben), besondere Situationen. Ich check das Licht, such interessante Perspektiven, bin immer am Schauen, wo sich grad interessante, witzige, emotionale und festhaltenswerte Momente auftun. Ich möcht eine vollständige Zusammenfassung des Events abliefern, die man sich auch später immer wieder gern ansieht. Dafür werden schon mal Gespräche abgebrochen (wenn ich überhaupt konzentriert zuhören kann), das Essen wird kalt, das Bier warm. Mach ich eine Pause, dann hab ich keine Ruh und kürze sie ab, weil ich ja sonst irgendwas „Ur-superes“ verpassen könnt. 

Nicht zu vergessen: Das Danach. Fotografier ich, geb ich vorm Heimgehen nicht einfach meine Speicherkarte dem Gastgeber und bin damit fertig. Nein. Die Fotos werden daheim auf den PC importiert, durchgesehen, aussortiert, und (wie ich mich kenn) immer zumindest ein klein wenig entwickelt – sprich: bearbeitet. Da sitz ich also schon ein Zeit´l dabei, und Buffet ist weit und breit keins in Sicht… 

Bin ich als Gast auf einer Feier, begrüß ich mal den Gastgeber, bestell mir gemütlich ein Glaserl Wein, plauder mit Bekannten, die ich schon länger nicht mehr gesehen hab, geh vielleicht mal vor die Tür, um frische Luft zu schnappen. Ich lass mir am Buffet Zeit und genieß das (hoffentlich) gute Essen. Spielt´s ein Lied, das ich mag, sing ich entweder laut mit oder tanz auch mal (da waren’s dann wohl schon mehrere Glaserl Wein). Mir ist relativ wurscht, was sich rundherum noch so alles abspielt. Ich bin einfach da, genieße, freu mich und feier mit demjenigen, der eben Grund zu feiern hat. 

Ausnahmen bestätigen ...

Ich bin ja keine Zwiderwurzn, natürlich gibt es auch wirklich gute Freunde oder auch Familienangehörige, für die ich das ohne zu zögern sofort (für ein bissi Buffet *zwinkerzwinker*) machen würd. Das sind aber auch diejenigen, die es zu schätzen wissen, die herumdrucksen, wenn sie überhaupt danach fragen. WENN sie überhaupt danach fragen müssten, weil ich es bei ihnen sowieso von selbst anbieten würd. 

Da ist es dann aber auch so, dass ich in erster Linie als Gast / als Freundin willkommen bin. Und mit „kannst gern wen mitnehmen“ ist nicht meine Nikon gemeint. Ihnen ist wichtig, dass ICH dabei bin. Wenn ich dann noch ein paar Fotos mach: super. Wenn ich das eine oder andere nicht im Kasten hab: „Geh, das ist doch egal. Hauptsache, du warst da. Lustig war’s, gö?“

"Es gibt Leute, die mögen mich nicht für das, was ich sage.
Jetzt stellt euch mal vor, die wüssten, was ich denke."